Wie aus Vorsätzen Trainingsroutinen werden

Experteninterview mit Performance Coach David Breuer

2022. Neues Jahr, neue Trainingsvorsätze. Same procedure as every year?

Wir haben mit David Breuer gesprochen. David ist ehemaliger Leistungssportler und heute Performance-Coach in Düsseldorf mit seinem Unternehmen David Breuer Erfolgsupdates. Er ist zudem Experte zum Thema Gewohnheiten.

Im Interview gibt er praktische Tipps, wie du es schaffst, deine guten Vorsätze nachhaltig in die Tat umzusetzen und er verrät, warum Motivation dabei nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Zur Person: David Breuer

  • Jahrgang 1982
  • Ehemaliger Profi-Handballer (u.a. TSV Bayer Dormagen und TuSEM Essen)
  • Ewiger Rekord-Torschütze in der 2. Bundesliga
  • Heute Performance Coach, Redner, Lehrer, Berater mit DBE | David Breuer Erfolgsupdates
  • Das Thema Trainingsgewohnheiten  / Trainingsroutinen ist ein Thema in seiner Beratungs- und Rednertätigkeit
  • Mehr zu David: Wikipedia
David Breuer Handball

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Andreas und David im Gespräch

Wie kann man seine Gewohnheiten ändern?

Wir kennen das alle. Zum Jahresbeginn fassen wir eine Reihe von Vorsätzen, wie mehr Bewegung und gesündere Ernährung. Das hält in der Regel dann maximal für ein paar Wochen. Der wesentliche Fehler, den wir alle dabei machen, ist, dass wir ausschließlich auf Motivation setzen. Allerdings können wir nicht 24/7 motiviert bleiben. Das führt dazu, dass wir dann trainieren werden, wenn uns die Motivation packt. Das führt aber nicht zu Regelmäßigkeit.

Der Schlüssel liegt viel mehr in Gewohnheiten bzw. Routinen. Hierzu gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die die sogenannte Gewohnheitsschleife hervorgebracht hat. Diese lässt sich auf Trainingsgewohnheiten adaptieren.

Was braucht es für eine Gewohnheitsschleife?

Vereinfacht ausgedrückt kommen hier drei Elemente zum Tragen: erstens ein Auslöser, zweitens die Routine bzw. das Verhalten, oder im konkreten Fall; das Training. Und an dritter Stelle die Belohnung.

Beim Training kann dieses Modell beispielsweise so funktionieren:

Als Auslöser nutze ich einen bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit. Also ein verbindlicher Trainingsplan, der als Vorgabe fungiert. Zusätzlich kann hier aber auch ein konkreter Gegenstand als Trigger dienen. Der Post-it auf dem Kühlschrank als Auslöser für den Wocheneinkauf ist hierfür ein anschauliches Beispiel.

Hinten dran steht die Belohnung. Jeder Sportler kennt in der Regel das Glücksgefühl nach einer intensiven Belastung. Die Läufer nennen das „Runner‘s High“ was durch eine erhöhte Endorphinausschüttung im Körper verursacht wird.

Gewohnheitsschleife

Insofern sind Sport und das gute Gefühl danach für viele von uns schon Belohnung genug. Es ist die Kombination von Anstrengung und Spaß, die Sport in dieser Hinsicht so besonders macht.

Eine andere typische Belohnung nach dem Sport ist auch Entspannung. So z.B. das bewusste Fallenlassen auf die Couch, das man sich erst bewusst nach einem intensiven Home Gym Workout als Belohnung selbst gestattet. Oder natürlich Sauna oder Wellness.

Was sind deine persönlichen Mechanismen für Trainings­routinen?

Nach meiner Profi-Laufbahn waren meine erlernten Gewohnheiten (Fahrt in die Halle, verbindliche Trainingszeiten) erstmal weg. Daher musste ich das auch für mich neu erlernen.

Ich habe für mich als erstes getestet, zu welchen Tageszeiten ich mich am besten zum Training motivieren kann. So habe ich rausgefunden, dass mir ein kurzes Workout direkt am Morgen als kleines Ritual sehr guttut. Das würde ich auch den typischen Morgenmuffeln empfehlen.

Die positiven Effekte – wie z.B. Aktivierung des Kreislaufs oder Stimmungsaufhellung durch günstige Hormonausschüttung – wirken auch bei ihnen. 

Was sind gut funktionierende Auslöser für das Erlernen neuer Gewohn­heiten bzw. von Trainings­routinen?

David Breuer Interview Training wird zur Routine

Der erste wichtige Punkt ist immer, dass der Auslöser sichtbar sein muss. D.h. du kannst nicht daran vorbeilaufen.

Ich nutze da ganz simpel ein Glas Wasser. Ich trinke erst ein Glas Wasser, dem immer mein Workout-Ritual am Morgen folgt. Das wiederum belohne ich anschließend mit einem zweiten Glas Wasser.

Das ist insgesamt also ein sehr einfache, aber funktionierende Sequenz.

Hilfreich ist außerdem eine Dokumentation der geleisteten Trainings. Man hat rausgefunden, dass bereits der Sichtkontakt mit dem Trainingskalender als motivierend empfunden wird. Schon der Haken bzw. das Kreuz für ein weiteres geschafftes Workout wird als Belohnung empfunden. Wie man schon merkt, braucht es also wirklich nur kleine Bausteine für die Etablierung von Trainingsgewohnheiten.

Was hindert uns an der Etablierung der neuen Gewohn­heiten?

Unser Gehirn mag Gewohnheiten grundsätzlich, weil es so Energie spart. Zu viele Änderungen auf einmal sind nicht nur körperlich – wenn wir von Training sprechen – schwer machbar, sie fordern auch unseren Kopf. Daher ist es sinnvoll, neue Gewohnheiten scheibchenweise zu etablieren.

Konkret kann das bedeuten, dass wir zunächst mit vielleicht lächerlich kleinen Wiederholungszahlen beginnen, die uns körperlich noch gar nicht groß fordern, aber helfen, die Gewohnheitsschleife in unserem Kopf zu programmieren. Da sprechen wir von Micro-Habits, also Mini-Gewohnheiten.

Das kann dann so aussehen, dass wir beispielsweise erstmal nur 1-2 Liegestütz jeden Tag zu einer festen Zeit machen. Wenn sich hier eine Routine eingeschlichen hat, erhöhen wir die Zahl der Wiederholungen. So haben wir initial den Kopf für den Veränderungsprozess gewonnen und erhöhen nach einigen Tagen die Wiederholungszahl, damit wir auch den physischen Effekt dazugewinnen.

Für unsere Gewohnheitsschleife ist es also wesentlich hilfreicher, wir machen an 30 aufeinander folgenden Tagen einen Liegestütz, anstelle von 30 Stück an einem Tag.

Bei Sportlern ist das im Übrigen nichts anderes. Die haben auch immer wieder Mal keine Lust auf das Training, aber sie sind es nun mal gewöhnt. Das kann man vergleichen mit dem täglichen Gang zur Arbeit.

Wir Menschen wissen vieles besser, was wir alles tun sollten. Aber wir tun das, was wir gewohnt sind.

Wie kann man es schaffen, zuhause Trainings­gewohn­heiten zu etablieren, wenn man nicht mehr ins Fitness-Studio gehen kann?

Wenn du bislang zuhause nicht trainiert hast, sind logischerweise keine Trainingsgewohnheiten innerhalb deiner eigenen vier Wände etabliert.

Auch hier gilt: Zunächst brauchst du einen Auslöser, der möglichst permanent im Sichtbereich ist. Als problematisch dabei empfinde ich es, wenn das Trainingsequipment im Keller oder in der Waschküche platziert wird. Da halte ich mich wenig auf und somit sind die Geräte als auslösendes Moment kaum sichtbar. Das Endergebnis ist im schlimmsten Fall ein ungenutztes Laufband, das irgendwann in der Waschküche zu einem extrem teuren Wäscheständer umfunktioniert wird.

Ein Fitness-Schrank im Wohnzimmer ist da natürlich eine andere Lösung. Auch der Schlüssel zum Schrank, den ich neben dem Haus- oder Autoschlüssel platziere, kann als Trigger genutzt werden und mich immer wieder an das Training erinnern. Wichtig ist dabei auch, dass die Barrieren möglichst niedrig sind, um mit dem Training zu beginnen. Wenn man also erst viel aufbauen oder rumkramen muss, bevor das Training starten kann, wird es wieder etwas unwahrscheinlicher, dass ich meine Routinen etabliere.

Neben dem gut sichtbaren Auslöser und der Niedrigschwelligkeit ist dann natürlich auch wieder der Belohnungsaspekt ganz zentral, den ich vorhin schon erwähnt hatte. Außerdem hilft es vor allem Neueinsteigern sehr, wenn sie am Anfang mit sehr geringen Umfängen starten. Gerade zum Jahresbeginn versuchen wir sehr oft gleich mehrere Ziele zu verfolgen. Im Sinne der Gewohnheiten ist das allerdings besonders schwierig.

Erfolgsversprechender ist es also, wenn wir unsere Ziele priorisieren und zunächst mit der Etablierung einer neuen Gewohnheit beginnen, bevor wir dann andere Dinge nachziehen.